Markus Soodersos Blog

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Markus Sooderso | 03.07.2015
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Meine Augen fallen mir zu. Die Müdigkeit übermannt mich und reißt mich ins Dunkle. Halt, ich darf nicht einschlafen. Versuche meine Augen wieder auf die Straße zu richten. Der Regen prasselt wie aus Schleusen vom Himmel und macht mir die Sicht nach Vorne unmöglich. Durch die Scheibenwischer, die mehr verschmieren als ihrer eigentlichen Bestimmung zu folgen, sehe ich noch weniger. Die pechschwarze Nacht tut ihr übriges. Nur mit Mühe erkenne ich die Straßenmarkierungen. Keine Laternen, kein Gegenverkehr, fühle mich alleine. Ab und zu fliegen links und rechts Bäume in meinen Augenwinkeln vorbei. Von der Rückbank klingt ein „Ächzen“. Ich bin doch nicht alleine. Die Müdigkeit hat mir für ein paar Augenblicke die Erinnerung geraubt. Er liegt dort hinten, auf der Rückbank. Nun sehe ich wieder die ganzen Bilder vor meinem inneren Auge. Schnelle Sequenzen, hektische Schritte, Schreie und Blut, viel Blut. Mir kommt alles hoch, mein Magen dreht sich auf links und ich muss würgen. Ich verdränge die Bilder aus meinem Kopf und richte meine Aufmerksamkeit wieder auf die Realität. Wir sind gleich da. Es kann nicht mehr lange dauern, höre ich mich sagen. Er lässt sich beruhigen. Jetzt versuche ich gegen meine eigene Angst anzukämpfen. Mein Fuß drückt das Gaspedal bis auf Anschlag. Es fühlt sich an als wäre ich mit dem Fuß direkt auf dem Asphalt. Der alte Kadett klappert und schreit erbärmlich. Jede Sekunde hab ich das Gefühl die Karre löst sich in alle Bestandteile auf. Meine Orientierung hat sich mittlerweile völlig von mir verabschiedet. Wir hätten den nächsten Ort schon lange erreichen sollen. Einen winzigen Augenblick sehe ich rechts etwas vorbeifliegen. Ein Haus, ein Auto? Ich weiß es nicht. Sofort steige ich auf die Bremse. So stark, dass er gegen die Vordersitze donnert und anschließend schreit vor Schmerzen. Rückwärtsgang rein und los. Es ist ein Haus. Meine Hände versagen mir den Dienst. Ich bekomme diesen verdammten Gurt nicht los. Jetzt, endlich. Draußen erwartet mich strömender Regen. Nach ein paar Metern bin ich klitsch nass. Meine Hände donnern auf die Eingangstür des Hauses. Aufmachen! Hallo! Brülle ich in die Nacht. Als mein Blick in das Fenster fällt sehe ich nur Müll. Scheiße, los weiter. Wieder im Auto versuche ich irgendwie nachzuvollziehen ob ich falsch abgebogen sein könnte. Dann gebe ich Gas, besser als umzudrehen. Wieder kommt mir alles hoch. Oh Gott! Konzentrier dich! Nach Sekunden der Verwirrung hab ich mich wieder unter Kontrolle. Du musst ihm helfen, rede ich mir weiter ein. Ohne Dich wird er es nicht schaffen. Er ist alles was du hast! Ein kurzer Blick in den Rückspiegel. Ich versuche ihn zu erblicken. Traue mich nicht umzudrehen. Doch ich sehe ihn nicht. Dann drehe ich meinen Kopf. Nichts! Die Rückbank ist leer. Scheiße, scheiße!! Von der einen auf die andere Sekunde spüre ich gar nichts mehr. Es ist als wären meine Nerven plötzlich durchtrennt. Dann wird mir schwarz vor Augen. Der Wagen schleudert. Mehr bekomme ich nicht mit.
Ein Schleier liegt auf meinen Augen. In der Ferne sehe ich Licht, Scheinwerfer, nur schemenhaft. Irgendetwas bewegt sich. Links, nein rechts von mir. Ich habe völlig die Orientierung verloren. Versuche mich aufzurichten, es gelingt mir nicht. Mit meinen Armen versuche ich mich an einem Baum hochzuziehen. Dann merke ich, dass es aufgehört hat zu regnen. Wie lange liege ich hier schon? Was ist passiert?! Ich spüre meine Beine nicht. Setze mich auf. Mein Blick wird klarer. Dann steht er vor mir. Statt Worte kommen nur stumme Schreie aus meinem Mund. Ich schmecke Blut und Erde. Dann würge ich wieder. Mein Blick geht wieder in seine Richtung. Reiche ihm die Hand, erwarte Hilfe. Nichts! Er schlägt meine Hand weg. Dann kommt meiner Erinnerung wieder. Wieso steht er vor mir? Ist er es nicht der gewesen der Hilfe gebraucht hat. Mir wird kalt. Schmerzen spüre ich nicht. Dann wird es dunkel. Zuletzt sehe ich sein Grinsen. Dieses Grinsen welches mir zu verstehen gibt, dass alles anders war als ich es gesehen habe. Dann ist alles vorbei.